Staatsanwaltschaft stützte Anklage im iuventa-Verfahren auf kompromittierte Zeug*innen

February 11, 2024

Trapani. Am gestrigen Prozesstag wurden die Schlüsselzeug*innen der Anklage vernommen, ein bedeutsamer Moment nach beinahe zwei Jahren Vorverhandlung. Die Anhörung enthüllte die wahren Absichten und schweren Glaubwürdigkeitsprobleme dieser Zeug*innen, auf deren Aussagen die gesamte Anklage der Staatsanwaltschaft beruht. Die Angeklagten hoffen daher, dass dies den Anfang vom Ende des Prozesses darstellt, da ein für alle Mal deutlich wurde, dass die Anschuldigungen erfunden und politisch motiviert sind.

Die Existenz von “vertrauenswürdigen Augenzeug*innen” galt stets als das entscheidende Merkmal des iuventa-Falls, welches ihn von den zahlreichen anderen Fällen gegen SAR-NGOs unterscheidet, die nie vor Gericht kamen oder sofort eingestellt wurden. Dass es sich bei diesen Zeug*innen um ehemalige Poliizist*innen handelt, die angeblich aus reiner Pflichterfüllung gehandelt hatten, sollte dem Fall zusätzliche Legitimität verleihen. Die gestrige Anhörung offenbarte jedoch eine ganz andere Perspektive auf diese Erzählung.

Pietro Gallo und Floriana Ballestra wurden aufgrund zahlreicher Vergehen wie Lügen, Betrug und Verleumdung aus dem Polizeidienst entlassen [Weitere Infos zu den Hauptzeug*innen der Anklage im PRESSEKIT]. Trotz ihres Fehlvehaltens und umfassender Beweise für ihre Unehrlichkeit nutzte die Staatsanwaltschaft sie als Vorwand, um die umfangreichste Ermittlung gegen SAR-NGOs einzuleiten. Durch selektives Weglassen von Fakten wurden in Ungnade gefallene Mitarbeiter*innen als angeblich glaubwürdige Ex-Kolleg*innen dargestellt.

Die Staatsanwaltschaft war von Anfang an über die wahren Absichten von Gallo und Ballestra im Bilde. Die Polizei hörte ihre Telefone ab, um ihre Aussagen zu überprüfen. Dabei zeigte sich bereits in der Anfangsphase der Ermittlungen: Gallo strebte eine Rückkehr in den Polizeidienst an, während Ballestra auf eine Position in der rechtsextremen Partei Lega Nord hoffte. Die Tatsache, dass sie Giorgia Meloni und Matteo Salvini kontaktierten, Informationen austauschten und sich bereit erklärten, als deren Privatspione für den Wahlkampf zu fungieren, verdeutlicht die politischen Motive hinter ihren Anschuldigungen.

Aber nicht nur ist die Glaubwürdigkeit der Zeug*innen null und nichtig; auch ihre sogenannten “Augenzeug*innenberichte” sind vage, widersprüchlich und entweder das Resultat eines grundlegenden Mangels an Wissen über maritime Standards und Rettungseinsätze oder bewusste, böswillige Täuschung.

Nicola Canestrini, iuventa Anwalt: Das Kreuzverhör der Hauptbelastungszeug*innen, das schließlich auf Anordnung des Gerichts stattfand, um deren Glaubwürdigkeit zu überprüfen, bestätigte, dass keinerlei Beweise für die Anschuldigungen vorliegen. Die unverzügliche Einstellung des Verfahrens, das vor 8 Jahren begann, ist die einzige akzeptable Option in einem Rechtsstaat.”

Kathrin Schmidt, iuventa Angeklagte: “Es ist lächerlich zu sehen, wie sich das italienische Rechtssystem zum Marionettentheater politischer Interessen zwielichtiger rechter Gestalten macht. Das einzig gerechte Ergebnis ist, dass der Richter am Ende der Vorverhandlung im März alle Anklagepunkte fallen lässt.”

Die Ereignisse mögen wie der Stoff für eine Seifenoper klingen, aber die Realität ist ernst. Nach Angaben der IOM haben seit der Beschlagnahmung der IUVENTA im Sommer 2017 über 10.000 Menschen im zentralen Mittelmeer ihr Leben verloren. Darüber hinaus wurden mehr als 200.000 Menschen gewaltsam nach Libyen zurückgebracht. Jede dieser Tragödien hätte verhindert werden können, und die IUVENTA hätte eine entscheidende Rolle bei der Rettung von Menschenleben spielen können – wäre sie nicht beschlagnahmt worden.


 28.02. – 02.03. Abschlussplädoyers aller Parteien