12 NGOs erstatten Strafanzeige in Italien und fordern eine Untersuchung: wer ist für die Zerstörung des Rettungsschiffs Iuventa verantwortlich?
November 23, 2023Trapani. Die zivile Flotte schließt sich der iuventa-crew an und erstattet Strafanzeige, um die Verantwortlichen für die Zerstörung des seit August 2017 unter italienischer Beschlagnahme befindlichen Rettungsschiffes Iuventa ausfindig zu machen.
Die 4 Mitglieder der iuventa-crew, die in Trapani wegen angeblicher “Beihilfe zur unerlaubten Einreise” vor Gericht stehen, hatten bereits im März 2023 Strafanzeige erstattet und eine Untersuchung gefordert. Ohne Ergebnis. Nun haben 12 weitere NGOs Strafanzeigen in dieser Sache gestellt, damit die zuständige Staatsanwaltschaft in Trapani dies nicht weiter ignorieren kann.
Bei einer Inspektion im Oktober 2022 wurde festgestellt, dass sich das Schiff aufgrund jahrelanger Vernachlässigung und mangelnder Wartung in der Obhut der Hafenbehörde von Trapani in einem katastrophalen Zustand befand. Das völlige Fehlen von Sicherheitsmaßnahmen führte zu Plünderungen und Zerstörungen. Im Dezember 2022 erkannte das Gericht von Trapani dies an und verfügte, dass das Schiff wieder in den Zustand vor der Beschlagnahme zurückversetzt werden müsse. Damit wurde die Verletzung der Sorgfaltspflicht de facto anerkannt, ohne jedoch jemanden zur Verantwortung zu ziehen.
Dariush Beigui, iuventa-crew: “Ziel unserer gemeinsamen Aktion ist es, diejenigen sichtbar zumachen, die Rettungsmittel zerstören und damit die Rettung tausender Menschenleben verhindern.“
Die Beschlagnahmung der Iuventa war der Höhepunkt einer der größten und umfassendsten Ermittlungen gegen Seenotrettungs-NGOs. Während sie als “präventive” Maßnahme zur Verhinderung weiterer Straftaten dargestellt wurde, konnte bis heute keine der angeblichen Straftaten nachgewiesen werden. Im seit 2021 laufenden Strafverfahren gegen die iuventa-crew weist die Verteidigung alle Vorwürfe als falsch und unbegründet zurück.
Sascha Girke, iuventa-crew: “Bei der Beschlagnahmung unseres Schiffes ging es nicht darum, Straftaten zu verhindern. Ziel war es, die Rettungskapazitäten der zivilen Flotte einzuschränken. Den Preis dafür zahlen die migrierenden Menschen, deren grundlegende Rechte missachtet werden.“
Die von der zivilen Flotte eingereichte gemeinsame Strafanzeige ist über den Fall Iuventa hinaus von Bedeutung: Allein in 2023 wurden 12 NGO-Schiffe in Italien festgesetzt. Im gleichen Zeitraum sind mehr als 2.300 Menschen bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, ums Leben gekommen.
Maßnahmen wie Beschlagnahmung und Festsetzung sind Teil einer systematischen Praxis in Italien, um zivile Such- und Rettungsaktionen zu behindern. Diese Praxis hat sich seit der Beschlagnahmung der Iuventa entwickelt und wurde durch das Piantedosi-Dekret noch verschärft. Jeder Angriff auf ein einzelnes Rettungsschiff hat Auswirkungen auf die gesamte zivile Flotte und letztlich auf das Leben und die Sicherheit der Menschen entlang der Migrationsrouten.
Die gemeinsame Aktion von Sea Watch, borderline-europe, SOS Humanity, Mediterranea, Louise Michel, United4Rescue, Mission Lifeline, Mare-GO, Sea Punks, Alarm Phone, R42-sailtraining UG und ResQ unterstreicht, wie wichtig es ist, staatliche Akteure für ihre Handlungen bei der Beschlagnahmung und Zerstörung von Rettungsmitteln zur Verantwortung zu ziehen. Die Unterstützung ist ein starkes Zeichen der Solidarität innerhalb der zivilen Flotte.